Führungskräfte geraten in Deutschland zunehmend in die Haftung. Dies zeigt sich in der steigenden Zahl an Haftungsfällen, die durch sogenannte Managerhaftpflicht-Versicherungen (D&O-Versicherungen) abgedeckt werden. Der Branchenverband GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) verzeichnete im Jahr 2023 etwa 2.200 D&O-Versicherungsfälle, was einem Anstieg von 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Diese Versicherung, deren Name „D&O“ für „Directors & Officers“ steht, wird speziell für Führungskräfte und Vorstände abgeschlossen, um sie im Falle von Pflichtverletzungen vor finanziellen Konsequenzen zu schützen.
Steigende Schadenssumme bei D&O-Versicherungsfällen
Die durchschnittliche Schadenssumme je Fall betrug im Jahr 2023 knapp 100.000 Euro. Insgesamt wurden durch die D&O-Versicherer im vergangenen Jahr rund 216 Millionen Euro an Schadenszahlungen geleistet. Dies ist ein signifikanter Anstieg von 9 Prozent gegenüber 2022. Zum Vergleich: Noch 2019 belief sich der Gesamtschaden durch D&O-Versicherungen auf 132 Millionen Euro. Diese Entwicklung zeigt, dass sich die Risiken und Anforderungen für Führungskräfte in den letzten Jahren stark verändert haben.
Der Branchenverband GDV führt den Anstieg der D&O-Versicherungsfälle vor allem auf die gestiegenen gesetzlichen Anforderungen und die allgemeine wirtschaftliche Lage zurück. Führungskräfte müssen immer komplexere Regularien und Vorschriften beachten, und jede Vernachlässigung kann schnell zu erheblichen Haftungsrisiken führen. Darüber hinaus ist die Konjunktur in Deutschland nach wie vor schwach, was viele Unternehmen in schwierige Lagen bringt. In wirtschaftlich angespannten Zeiten wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmensfehler und Führungsversäumnisse kritisch hinterfragt und gegebenenfalls juristisch verfolgt werden.
Verstärkte Haftung durch steigende Unternehmensinsolvenzen
Ein weiterer Faktor für die steigende Zahl der D&O-Schadensfälle ist die steigende Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Im ersten Halbjahr 2023 ist die Zahl der Insolvenzen um 25 Prozent angestiegen. Dies bedeutet, dass sich immer mehr Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten befinden und dadurch die Risiken für das Management zunehmen. Insolvenzverwalter, die im Interesse der Gläubiger handeln, prüfen oft, ob das Management durch Fehlentscheidungen oder Pflichtverletzungen zum wirtschaftlichen Niedergang beigetragen hat. In solchen Fällen sehen sich Führungskräfte zunehmend mit Forderungen konfrontiert, die ihre Managerhaftpflichtversicherung aktivieren.
Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben laut Experten auch in naher Zukunft eher trüb, was weitere Insolvenzen und damit verbundene Haftungsfälle wahrscheinlich macht. Versicherungsunternehmen gehen daher davon aus, dass die Schadenersatzforderungen gegen Führungskräfte in den nächsten Jahren weiterhin steigen werden. Eine stabile Konjunktur könnte diese Risiken möglicherweise eindämmen, doch derzeit deutet nichts auf eine signifikante Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hin.
Wie D&O-Versicherungen Führungskräfte schützen
Eine D&O-Versicherung ist eine spezielle Form der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung und springt ein, wenn versicherte Mitglieder eines Leitungs- oder Aufsichtsorgans wegen Pflichtverletzungen in Regress genommen werden. Im Gegensatz zur allgemeinen Haftpflichtversicherung, die Sach- oder Personenschäden abdeckt, greift die D&O-Versicherung bei Vermögensschäden. Das bedeutet, dass sie finanzielle Forderungen gegen Führungskräfte abdeckt, die aus Entscheidungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit resultieren.
Zu den typischen Fällen, in denen eine D&O-Police zum Einsatz kommt, gehören Fehlentscheidungen im Finanzmanagement, Versäumnisse bei der Einhaltung gesetzlicher Pflichten und Verstöße gegen Compliance-Regeln. Werden Manager oder Aufsichtsratsmitglieder für solche Pflichtverletzungen haftbar gemacht, übernimmt die D&O-Versicherung die Kosten für die Verteidigung und – sofern berechtigt – für die Entschädigung der Anspruchsteller.
Rechtliche Konsequenzen bei fehlender D&O-Absicherung
Für Führungskräfte kann das Fehlen einer D&O-Versicherung existenzbedrohende Folgen haben. Ohne ausreichende Absicherung haften sie im Falle von Fehlentscheidungen oder Pflichtverletzungen mit ihrem Privatvermögen. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten, in denen Unternehmen verstärkt auf Effizienz und Regelkonformität achten, steigt das Risiko von Regressforderungen. Ohne D&O-Versicherung könnten selbst relativ geringe Vermögensschäden die finanzielle Existenz eines Managers gefährden.
Der anhaltende Anstieg der D&O-Schadenfälle zeigt, wie wichtig diese Versicherung für Führungskräfte ist. Die wachsenden gesetzlichen Anforderungen und die wirtschaftlichen Herausforderungen lassen sich nicht vollständig vermeiden, aber durch eine umfassende Absicherung können Manager das Risiko für persönliche Haftungsforderungen reduzieren.
Fazit: Zunahme der Haftungsrisiken für Manager
Insgesamt zeigt die Entwicklung der D&O-Versicherungsfälle, dass Führungskräfte in Deutschland immer häufiger für Fehlentscheidungen und Versäumnisse haftbar gemacht werden. Der Anstieg der Schadenssumme und der Schadensfälle spiegelt die wachsenden Anforderungen an Führungskräfte und die damit verbundenen Risiken wider. Da die Zahl der Unternehmensinsolvenzen weiter steigt und ein wirtschaftlicher Aufschwung derzeit nicht absehbar ist, dürften die Schadensfälle und Haftungsrisiken für Manager auch in Zukunft weiter zunehmen.
Für Führungskräfte ist es daher von entscheidender Bedeutung, sich umfassend gegen Vermögensschäden abzusichern. Die D&O-Versicherung bietet hier einen wichtigen Schutz, indem sie finanzielle Risiken abdeckt, die aus beruflichen Entscheidungen resultieren. In der aktuellen Lage bleibt zu erwarten, dass das Interesse an D&O-Versicherungen weiter steigt, da die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kaum eine Entlastung bieten.